Ein Alman feiert selten allein

Atmaca, Aylin

Roman 

Harper Collins Verlag, 2022
ISBN: 978-3-365-00072-4
188 S. 


Darum geht's:
Elif, Tochter türkischer Gastarbeitereltern, ist in Deutschland aufgewachsen und hat zeitlebens verschiedenste Bräuche und Traditionen rund um das Weihnachtsfest in ihrem Umfeld miterlebt. In diesem Jahr wird sie nun aber ihr erstes christliches Weihnachten mit der Familie ihres Freundes Jonas feiern. Ihre anfängliche Vorfreude wird in den Monaten vor Weihnachten nach und nach getrübt, denn bereits in der WhatsApp-Gruppe, die Jonas' Mutter im September feierlich eröffnet, wird Elif klar: Die Familie Neubauer zelebriert das Fest anders, als sie es sich erwartet. 

Bereits Wochen vor dem 24. Dezember müssen alle in der Gruppe bekannt geben, welche Speise sie zum Essen beisteuern und wann sie diese zubereiten werden. Der Zeitplan für den heiligen Abend und den Tag davor, wird in einer Excel-Liste akribisch genau von Jonas' Mutter erstellt. Die Reihenfolge des Geschenke-Auspackens ist unbedingt einzuhalten, genauso wie die Garderobe an diesem Abend. In der Kirche sind die Bänke für die Familie bereits reserviert und es wird unglaublich viel gesungen den ganzen Tag über. Neben all der Planerei, neben der Einteilung und Ordnung, neben den vielen Listen und getakteten Ereignissen des Tages stellt sich für Elif nur noch die Frage: Warum ist dies das Fest der Liebe? 

Wo der Spaß an der Sache bleibt, würde sie ebenfalls gerne wissen und schließlich ist sie sich nicht einmal mehr sicher, ob die Beziehung zwischen ihr und Jonas dieses Familienfest überleben wird. 

"'Da seid ihr Schlafmützen ja endlich!'

Moment. Schlafmützen? Wir haben sieben Uhr an einem Feiertag. Frau Neubauer kommentiert unser scheinbar spätes Erscheinen in einem Tonfall, der sofortige Schuldgefühle in mir auslöst - und bei Jonas, seinem Blick nach zu urteilen, auch." (S. 87) 

So geht's mir dabei: Angefangen habe ich mit diesem Buch bereits Anfang Dezember, musste aber feststellen, dass dies kein Buch für die Weihnachtszeit ist. Zumindest nicht für mich. Ich mag das Fest und alles, was für uns dazugehört, zu gerne, um mir ironisch-satirische Geschichten dieser Art darüber durchlesen zu können. Im Nachhinein ging es nun aber und ich konnte durchaus an der ein oder anderen Stelle schmunzeln.  

Mir persönlich war es im Endeffekt dann aber doch zu überspitzt, zu klischeehaft und zu übertrieben. Das betrifft nicht nur die abnormalen Auswüchse der Feierlichkeiten im Hause Neubauer sondern auch das Happy End an allen Ecken und Enden sämtlicher Erzählstränge. 

Was ich außerdem nicht gut aushalte: Wenn in Sachen Schubladendenken mit zweierlei Maß gemessen wird. Die Protagonistin verurteilt alle und jede:n dafür, die:der auch nur ansatzweise erwähnt, dass ihre Wurzeln türkisch sind. Im Gegensatz dazu verallgemeinert sie aber bei "den Deutschen" ununterbrochen und auch hier jagt ein Klischee das nächste. 

Nichts desto trotz glaube ich, dass das Buch gut unterhalten kann und es ist sprachlich äußerst spritzig geschrieben. Dadurch ist es sehr schnell und leicht lesbar. Menschen, die von dem Weihnachtswahnsinn hierzulande genervt sind, finden bestimmt viele lustige Episoden in dem Buch. Andere, die es mit Kitsch und Tradition gern ein wenig übertreiben - so wie ich - fühlen sich an manchen Stellen vermutlich ertappt und können auch darüber mit Sicherheit schmunzeln - so wie ich - 😀.

Geht's kurz und knapp? Ein witziger Unterhaltungsroman über eine Familie, die es mit den Weihnachtstraditionen heillos übertreibt. Alles in allem dann aber doch zu übertrieben für meinen Geschmack. 


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