Alte Sorten
Arenz, Ewald
Roman
Dumont Buchverlag, 2019
ISBN: 978-3-8321-6530-7
255 S.
Darum geht's: Sally ist von einer Klinik abgehauen. Sie ist wohl magersüchtig und hat auch sonst alle möglichen Probleme, wie ihr Umfeld ihr seit Jahren bescheinigt. Sie ist 17 und zu dünn, zu aggressiv, sie ritzt sich und ihr Eltern wissen nicht, wie sie ihr helfen können, weswegen sie immer wieder Aufenthalte in verschiedenen Kliniken für sie arrangieren. Nun ist sie in einem Dorf auf dem Weg. Egal wohin. Einfach weg will sie. Sie befindet sich gerade in einem Weinberg - den sie in ihrer Verzweiflung, ihrer Wut, aber gar nicht als solchen erkennt - als sie Liss begegnet. Liss reagiert völlig anders auf Sally, als diese es von den Erwachsenen gewohnt ist. Das überrascht sie so sehr, dass auch Sally selbst sich anders verhält. Es braucht nicht viele Worte, um sich zu verstehen - das merken die beiden Frauen schnell. Sally kommt am Hof von Liss unter und leise entwickelt sich eine Freundschaft zwischen den beiden Frauen. Während der alltäglichen Arbeit, die auf einem Bauernhof zu verrichten sind, beginnen zögerliche Gespräche und beide erfahren von der anderen, warum sie zur Einzelgängerin geworden ist. Ein unerwartet heftiges Ereignis unterbricht den friedlich wirkenden Alltag der beiden schließlich und die Welt von Liss gerät aus den Fugen. Wer hätte zu Beginn gedacht, dass die Begegnung mit diesem jungen Mädchen das Leben von Liss mindestens genauso - wenn nicht noch mehr - beeinflusst, als umgekehrt...
"Das Mädchen war gerade da, wo es sein wollte. Und wo es sein sollte. Für heute gab es keinen anderen Platz. Nur hier. Und heute. Irgendetwas hatte angefangen, das es vorher nicht gegeben hatte. Und nicht alle Eltern....manche Eltern würden ihre Kinder nicht suchen.Sie dachte an die Bienen. Manchmal fühlte es sich gut an, zusammenzuarbeiten. Weil der andere bewirkte, dass man seinen eigenen Platz im Ganzen erkannte." (S. 81)
So geht's mir dabei: Was für eine schöne Geschichte. Es war der beste Tipp, den ich kriegen konnte, dieses Buch im Herbst zu lesen. Alles ereignet sich im Zeitraum zwischen 1. September und 15. Oktober (hihi - das Buch endet an meinem Geburtstag 😁) und die Landschaftsbeschreibungen zu lesen, während man im schimmernden Herbstlicht sitzt, ist einfach nur wundervoll. Darüber hinaus ist es eine herzerwärmende Geschichte über Freundschaft, über Schicksalsschläge, über Familie, über das Leben. Die Sprache von Ewald Arenz ist so sanft und trotzdem eindringlich. Viele Szenen haben mich tief berührt, ganz oft habe ich Zeilen markiert, weil in ihnen so viel Wahrheit steckt. Und ich liebe die zahlreichen schönen Herbst-Bilder, die Arenz mit seiner Sprache entstehen lässt. Den gesamten Roman hat er damit erwärmt und im goldenen Farblicht erstrahlen lassen.
Die Geschichte ist am Anfang sehr ruhig, gewinnt aber zunehmend an Fahrt, wird dann spannend und das Ende ist richtig gelungen. Ich hatte Angst, dass es zum Schluss kitschig wird, aber da hat der Autor noch die Kurve gekriegt, wie ich finde.
Danke an die vielen Buchmenschen, die mir dieses Buch bereits empfohlen haben. 😁
Der Autor hat mit seinem Buch "Der große Sommer" übrigens gerade erst den Preis "Lieblingsbuch der Unabhängigen [Buchhändler*innen] 2021" gewonnen. Dieser Roman liegt schon hier und ich freue mich jetzt besonders darauf.
Geht's kurz und knapp? Eine Geschichte, die so wundervoll in den Herbst passt, wie die Blätter von wildem Wein.
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