Superbusen

Irmschler, Paula

Roman
Claassen Verlag, 2020
ISBN:  978-3-546-10001-4
320 Seiten


Darum geht's: Gisela hatte Streit mit ihrem Freund und macht sich auf den Weg zu ihren Freund*innen und ehemaligen Mitbewohner*innen nach Chemnitz. Die Stadt, in der sie vor gar nicht allzu langer Zeit studiert hat. Oder zumindest ein Studentinnenleben geführt hat. Studiert hat sie gar nicht so wahnsinnig viel. Sie nimmt uns Leser*innen mit auf eine Reise in die kürzere Vergangenheit. Sie lässt uns teilhaben an dem Versuch, die eigenen Wurzeln loszuwerden, an Partys mit zu viel Alkohol, an einem WG-Leben, das sich oft romantischer anhört, als es ist, an Demonstrationen gegen Rechte und an der Gründung ihrer Band "Superbusen". Sie gehen sogar auf Tour und sammeln Bühnenerfahrung als Mädchenband. 

Mittlerweile ist sie Ende zwanzig und in einem Stadium, in dem sie nicht so recht weiß, wie es nun weitergehen soll. Sie ist nicht mehr so jung wie die Studis, ist aber irgendwie noch zu jung, um wirklich erwachsen zu sein. Eine ihrer Freundinnen hat mittlerweile ein Kind. Als sie mit den Erstsemestrigen auf ihrem ehemaligen Campus zusammentrifft, merkt sie, dass sie hier nicht mehr dazu gehört. 

"Ich beneide die Neuen um diesen Aufbruchsrausch. Ich studiere sie wie eine verrückte Alte, die ich mittlerweile vermutlich auch geworden bin. Sie sehen alle gleich aus. Tragen Strumpfhosen, Jeans, Sneakers, hippe Rucksäcke und H&M Mäntel. Ich trage das gleiche, aber ich gebe mir weniger Mühe mit meinem Gesicht während ihre Gesichter wach, neugierig und offen sind. Ich bin gar nicht so alt. Ich bin nicht mal die Älteste hier, aber uns trennen Welten."

So geht's mir dabei: Ich habe mir das Hörbuch von der großartigen Anna Thalbach vorlesen lassen und bin begeistert. Von dem Buch, von der Stimme, von der Geschichte. Ich konnte die verschiedenen Stimmungen der Protagonistin förmlich spüren, was nicht zuletzt an der Stimme von Anna Thalbach liegt, die es einfach großartig versteht, ihre Leser*innen mitzunehmen. 

Ich durfte hier eintauchen in eine mir völlig fremde Welt. Von Demos gegen Rechte in Chemnitz habe ich zwar schon gehört, aber nur in den Nachrichten und eigentlich eher oberflächlich. Wie es sich als Studentin anfühlt, dabei zu sein, diese Entwicklungen zu beobachten, die Rahmenbedingungen mitzuerleben, die Polizei, die Unsicherheit auf den Straßen, das ist noch einmal etwas ganz anderes und war sehr interessant. 

Außerdem geht es in dem Roman viel um Musik und zwar vor allem um die Musik aus meiner Jugend. Man könnte ihn schon beinahe als modernen Poproman bezeichnen und es hat so viel Spaß gemacht, in diese Hitlist von Paula Irmschler einzutauchen. 

Das Gefühl der Ungewissheit, wohin die eigene Reise nun geht und die Resignation, nachdem man sein Nest verlassen hat und vermeintlich in die Welt aufgebrochen ist, wird richtig spürbar und lässt die Leser*innen trotzdem nicht ohne Hoffnung zurück. Schließlich ist die Protagonistin mittlerweile in Berlin und es fühlt sich irgendwie auch so an, als stünden ihr nun alle Möglichkeiten offen, was das Gefühl ist, mit dem mich die Autorin nach dem Buch zurücklässt. 

Geht's kurz und knapp? Ein Antifa-Roman aus Chemnitz mit einer Protagonistin, die man ins Herz schließt und ganz viel Pop-Musik, die gute Laune macht. 

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