Margos Töchter

 Stephan, Cora


Roman

Kiepenheuer & Witsch Verlag, 2020

ISBN: 978-3-462-05227-5

395 S. 



Darum geht's: Leonore Seliger und Clara Pinkus, zwei Frauen, die sich in jungen Jahren in einem Ferienlager kennenlernen, die eine Zeit lang Brieffreundinnen sind und die ein Leben lang miteinander verbunden bleiben, ohne es zu ahnen. Dabei könnten die beiden gar nicht unterschiedlicher sein. Leonore wächst im Westen Deutschlands auf, rebelliert gegen ihre Eltern, vor allem gegen ihre Mutter, verbringt ihre Zeit in einem Jugendclub in Osnabrück, in dem es um Musik von den Beatles, um’s Rauchen und um Alkohol geht, lebt dann eine Weile in England, genauer in "Swinging London", wo sie die freie Liebe kennenlernt und studiert dann in Frankfurt. Sie lernt Alexander Seidensticker kennen, mit dem sie schließlich eine Familie gründet.  

"Was hatte Margo einmal gesagt? Liebe und Leidenschaft vergehen, wichtiger ist, dass man ein gemeinsames Interesse hat, das die Ehe auch in stürmischen Zeiten zusammenhält. So war das mit Alexander und ihr gewesen. Sie hatte bereits nach einem halben Jahr gewusst, dass er der richtige Partner war, wenn sie Kinder haben wollte." (S. 156)

In Clara Pinkus Leben ist dagegen kein Platz für jugendlichen Leichtsinn oder Familiengründung. Sie ist seit Jugendjahren im Dienste der Staatssicherheit, stolze Bürgerin der Hauptstadt der DDR und verpflichtete sich bereits mit 13 Jahren, den Staat beim Schutz der sozialistischen Errungenschaften zu unterstützen. Sie ist eine pflichtbewusste Genossin und stellt "die Sache" über ihr eigens Privatleben. Dass es ihr passieren würde, dass sie von ihren eigenen Gefühlen übermannt wird, hätte sie selbst am wenigsten für möglich gehalten. Doch dann lernt sie Holger kennen und es passiert eben doch. Zwar verlässt sie ihn nach einiger Zeit ohne ein Wort des Abschieds, um für einen Auftrag der Stasi nach Westdeutschland zu gehen, doch ist sie schwanger und bekommt im Gefängnis ein Kind, bevor sie aus Ostdeutschland fortgeht. Holger weiß nichts davon. Überwältigt von ihren Muttergefühlen, muss sie dennoch einsehen, dass ein Kind in ihrem Leben keinen Platz hat und trifft eine folgenschwere Entscheidung. 

"Eben. Er will, dass ich mich von Jana trenne, dachte sie. Er will, dass ich streng gegen mich selbst bin. Dass ich die Sache vor meine Gefühle stelle. Und damit hat er recht. (...) Ja, sie musste das größte Opfer bringen." (S. 300) 

So geht's mir dabei: Wendeliteratur, in der es um das geteilte Deutschland geht, hat mich schon immer interessiert und gefesselt. In Margos Töchter lernt man nicht nur eine komplexe Familiengeschichte sondern auch eine der prägendsten Zeiten der Bundesrepublik kennen.  

Die kurzen Kapitel des Romans und die verschiedenen Zeitsprünge machen die Geschichte kurzweilig und halten die Spannung. Dass dieses Buch ein zweiter Teil zum Roman "Ab heute heiße ich Margo" ist, tut an und für sich nichts zur Sache. Auch ohne den ersten Roman zu kennen, lässt sich das Buch problemlos lesen. Allerdings wird man neugierig. Ich persönlich möchte unbedingt mehr über Margo erfahren und werde mir auch Cora Stephans erstes Margo-Buch noch besorgen.. 

Für mich hat das Buch alles, was ein guter Roman braucht. Ereignisse aus der jüngeren Zeitgeschichte, eine Familiengeschichte, die sich über mehrere Jahrzehnte erstreckt und ein unglaubliches Geheimnis wahrt und Zeitsprünge sowie Perspektivenwechsel. Die perfekte Kombination. 

Geht's kurz und knapp? Alles richtig gemacht. Ein tolles Buch.

Neugierig auf Margos Töchter? Hier kannst du das Buch direkt bei der Tyrolia bestellen. (Versandkostenfreie Lieferung innerhalb von Österreich oder Abholung in der Filiale deiner Wahl.) Damit unterstützt du den stationären Buchhandel und meinen Blog. Ich bedanke mich dafür. 

Vielen Dank an Kiepenheuer & Witsch für das Rezensionsexemplar. 

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