Was man von hier aus sehen kann
Leky, Mariana
Roman
DuMont Buchverlag, 2017
314 S.
ISBN: 978-3-8321-6457-7
Darum geht's: Selma und ihre Enkelin Luise leben in einem Dorf im Westerwald. In dem Buch geht es um das Leben der beiden und die Menschen in ihrem direkten Umfeld. Dazu gehören Luises Eltern, ihr bester Freund in Kindertagen Martin und Ferdinand, in den sie sich verliebt in der Sekunde, in der sie ihn sieht. Ferdinand ist allerdings ein buddhistischer Mönch und die Entfernung scheint ein unüberbrückbares Hindernis für die Liebe der beiden zu sein. Luise hat ihr Dorf und die nahe gelegene Kreisstadt noch nie verlassen und Ferdinand hat vieles aufgegeben, um das Leben zu führen, wie er es nun macht und kann nicht einfach alles wieder rückgängig machen.
Selma ist eine besondere Frau. Ihr liegt das Wohl der ganzen Nachbarschaft am Herzen und sie hat für jede Situation intuitiv den richtigen Ratschlag parat. Nicht ganz angenehm ist, dass sie quasi den Tod voraussagen kann. Wenn sie nämlich von einem Okapi träumt, stirbt am nächsten Tag jemand. Und niemand weiß wer. Aber trotz aller Vorsicht der Dorfbewohner in den Stunden nach dem Traum, trifft diese tragische Vorsehung jedes Mal ein. Da bringt es auch nichts, wenn Selma versucht, diese Tatsache zu leugnen.
"Alle haben Angst vor meinem Traum."
Mein Vater lachte. "Mama ich bitte dich", sagete er, "das ist doch Humbug."
Selma holte eine Schachtel Mon Chéri. "Wahrscheinlich ist es Humbug", sagte Selma, "aber das macht es auch nicht besser." (S. 81)
So geht's mir dabei: Ich finde es wirklich schwer, die Handlung des Romans zu beschreiben. Es ist nicht so, dass wahnsinnig viel passiert. In den Bann wird man hier von der hinreißenden Sprache der Autorin gezogen und von den einzelnen Charakteren, die so verschroben und eigentümlich sind, wie es die Menschen eben sind. Man sieht der kleinen Luise beim Erwachsenwerden zu und spürt die enge Verbindung zwischen Luisa und Selma.
Der Vater von Luisa wirkt rastlos und ist ständig auf der Suche. Während er seiner Mama und Tochter immer wieder rät "etwas mehr Welt hereinzulassen" versteht er nicht, dass dies Selma schon lange gelungen ist - ganz ohne großartige Reisen in die Welt.
Ich glaube, ich bin eine der letzten, die dieses Buch gelesen hat. 😅 Gefühlt ALLE kennen den Roman schon und ich habe keine einzige schlechte Rezension über das Buch gesehen. Jeder und jede, die dieses Buch gelesen haben, haben es geliebt. Zu Recht. Mir geht es nicht anders. Mariana Leky hat einen ganz eigenen Erzählstil. Beinahe auf jeder Seite finden sich Sätze, die man sich anstreichen will, die man zitieren, in die Welt hinausschreien und sich verinnerlichen will.
"Ich beschloss, Martin später zu heiraten, weil ich fand, der Richtige sei der, der einem das Hinsehen erspart, wenn die Welt ihren Lauf nimmt." (S. 52)Ich musste wirklich laut lachen beim Lesen und ich habe so sehr geweint, wie schon sehr sehr lange nicht mehr bei einem Buch. Die einzelnen Personen wachsen einem mit ihrer Naivität und mit ihrer unverblümten Weisheit dermaßen ans Herz, dass einem ihr Schicksal sehr nahe geht.
Allein, wenn ich an den Optiker denke....Von dem habe ich nun noch gar nichts erzählt. Aber ihn vermisse ich richtig, nachdem ich das Buch fertig gelesen habe.
"Keiner ist alleine, solange er noch wir sagen kann", flüsterte er. (S. 287)Für Sätze wie diesen, die einem so unter die Haut gehen, liebe ich den Optiker. Und das Buch.
Geht's kurz und knapp? Mich hat das Buch so sehr berührt, dass ich es gar nicht sofort geschafft habe, eine Rezension darüber zu schreiben. Du kennst das Buch vermutlich ohnehin schon. Falls nicht: Lass es dir nicht entgehen! Du versäumst etwas.
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