FAKE

Rudkoffsky, Frank


Roman
Verlag Voland & Quist, 2019
235 S.
ISBN: 978-3-8639-12437


Darum geht's: Jan und Sophia bekommen unerwartet ein Kind.
Sophia war zu dem Zeitpunkt, an dem sie unverhofft schwanger wurde, gerade dabei, eine Führungsposition bei Daimler in Stuttgart anzutreten. Jan will als freier Journalist Fuß fassen. Gemeinsam sind sie dabei, eine Weltreise zu planen.

Doch dann bekommen sie Max und sämtliche Pläne sind plötzlich nichts mehr wert. Sophia findet sich in der Situation einer jungen Mutter mit einem "Schreibaby" wieder und fühlt sich völlig überfordert und allein-gelassen. Keine ihrer Freundinnen hat ein Kind. Mit niemandem kann sie sich austauschen, außer mit Jan. Der versucht aber gerade, durch ein Volontariat eine Stelle bei einer Zeitung zu bekommen, also hält sie ihm auch so gut es geht den Rücken frei.

Sophia sucht ein Ventil für ihren aufgestauten Frust und findet dieses schließlich im Internet, in dem sie als Troll unter verschiedenen Decknamen die unterschiedlichsten Foren aufmischt.

Als das erste Jahr mit Max sich dem Ende neigt, steigt Sophia wieder in ihren alten Beruf ein. Jan, übernimmt die Betreuung von Max, wenn dieser krank ist und nicht in die Kita gehen kann. Außerdem versucht er nach wie vor, mit einer großartigen Story bei den auflagenstarken Tageszeitungen zu Wort zu kommen. Und irgendwie gelingt ihm das plötzlich auch. Aber anders als gedacht. Und so, dass er es plötzlich ablehnt. Die Ereignisse laufen aus dem Ruder und Sophia, die von Jan nicht eingeweiht wird, kommt ausgerechnet hinter dessen Geheimnis, als sie als Troll im Internet unterwegs ist....

"Im letzten Jahr hatte ich so einige Grenzen überschritten, doch es war immer bloß ein Spiel gewesen, kaum folgenreicher als Morde in einem Ego-Shooter. Nie war mir das Trollen schwergefallen, nie hatte ich dabei ein schlechtes Gewissen gehabt. Die Scham und der Selbsthass kamen immer erst später." (S. 134)

So geht's mir dabei: Ich hatte das Glück, das erste Kapitel auf der Frankfurter Buchmesse bei der Lesung des Autors von ihm selbst vorgetragen zu bekommen. Danach musste ich unbedingt sofort weiterlesen und konnte es kaum aus den Händen legen.

Ich habe die emotionalen ersten Monate nach der Geburt eines Kindes noch nie mit einer dermaßen entwaffnenden Ehrlichkeit beschrieben gelesen. Und schon gar nicht von einem Mann!! Das muss an dieser Stelle einfach erwähnt werden. Gerade wenn es um entzündete Brustwarzen und Stillschwierigkeiten geht, sind doch meistens die Frauen am Wort. Ich war so erstaunt von der Fähigkeit, diese Situationen durch die Augen und Gedanken einer Frau so ehrlich zu Papier bringen zu können. Da bleibt mir nur zu sagen: Chapeau!

Die große Frustration, in welche Sophia schlittert und die unbändige Liebe, die sie dennoch für ihren Max empfindet, der Wunsch, dass ihr Jan mehr unter die Arme greift und dabei das Nicht-Zulassen-Können, wenn er es versucht, sind so nachvollziehbar. Ich habe sie so gut verstehen können, obwohl es mir selbst ganz anders ergangen ist. Das ist eine unglaubliche Leistung des Autors, denn wir Mütter sind da schnell sehr harsch im Urteil, wie es Sophia ja selbst auch im Mama-Forum erlebt.

Und dann ändert sich plötzlich der Ton der Geschichte. Die Perspektive wechselt von Sophia zu Jan und wieder retour. Es wird immer spannender und unglaublicher. In welche Situation Jan stolpert, als er sich einer Pegida-Demonstration anschließt und welch fatale Auswirkungen das auf ihn hat, wie Sophia dahinter kommt, in dem sie auf ihn einprügelt, als er schon am Boden liegt und was er macht, als sie plötzlich das Feld räumt.....das lest ihr bitte selbst.

Geht's kurz und knapp? Das Buch ist brillant. Lest es.


Vielen Dank Voland & Quist für das Rezensionsexemplar.



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Tyrolia
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