Das Leben ist eines der Härtesten

Becker, Giulia



Darum geht's: Silke, Willy-Martin, Renate und Frau Goebel begeben sich gemeinsam auf einen Roadtrip in den Freizeitpark "Tropical Islands". Dabei hat gerade jede/jeder Einzelne von Ihnen ein besonders schweres Päckchen zu tragen. Silke, die vor vielen Jahren in einem Zug die Notbremse gezogen hat und deswegen nach wie vor Sozialstunden abarbeitet, braucht dringend eine große Geldsumme.
Bei Renate scheint Geld keine Rolle zu spielen, was sich Silke noch nie erklären konnte, aber sie ist schwer angeschlagen, weil ihr Hund Mandarine Schatzi vor Kurzem verstorben ist.
Um den Tod geht es auch in Frau Goebels Leben, allerdings nicht um den eines Hundes, sondern um ihren eigenen, der mit großen Schritten naht.
Willy-Martin ist seit kurzer Zeit verliebt in Kerstin, die er beim Online-Kniffel, einem Spiel im Internet, kennengelernt hat. Seit 2 Wochen telefonieren sie jeden Abend und obwohl sie im Norden von Deutschland wohnt, knapp 200 km entfernt, spürt er die Liebe zu ihr am ganzen Körper. Ihre tiefe Verbundenheit schafft es, die große Distanz zu überwinden. Als sie nun aber mit Sack und Pack und riesigem Hund vor seiner Tür steht und nach kürzester Zeit seine Wohnung zu ihrem Revier gemacht hat, will er nur noch eines: weg.

Und so hat jeder von ihnen einen triftigen Grund, den Wunsch von Frau Goebel, gemeinsam zu den Tropical Islands zu fahren, um dort die Papageien zu streicheln, in Erfüllung gehen zu lassen.

""Ist alles in Ordnung?", fragt Frau Goebel.
"Mandarine Schatzi ist tot. Ich konnte nicht mehr zu Hause sein, alles erinnert mich an sie", schluchzt Renate plötzlich laut auf.
"Oh nein, Renate. Was ist denn passiert?"
"Ertrunken", presst sie hervor.
"Wie schrecklich! Im See?", fragt Silke.
"In einer Punica-Flasche!", flüstert Renate jetzt.
Niemand sagt etwas, Willy-Martin blickt auf den Boden, jeder tote Hund ist für ihn ein guter Hund, aber das kann er natürlich nicht sagen.
Frau Goebel hustet laut, damit niemand merkt, dass sie eigentlich lachen muss. Lange herrscht Schweigen am Küchentisch.
"Passen in den LKW auch vier Personen?", fragt Silke.
"Locker", antwortet Willy-Martin. " (S. 86/87)
So geht's mir dabei:  Ich habe im Vorfeld schon so viel Gutes von diesem Buch gehört, dass meine Erwartungshaltung riesig war. Enttäuscht wurde ich nicht, aber ganz erfüllt wurden die Erwartungen auch nicht. Vor allem, was das humoristische des Romans betrifft. Ich musste schon immer wieder schmunzeln. Um aber das Buch als dermaßen witzig beschreiben zu können, sind mir die einzelnen Lebensentwürfe zu tragisch. Der Charakter von Renate ist tatsächlich schrullig-liebenswürdig-schräg-witzig und was diese Dame den lieben langen Tag macht, bringt einen auch wirklich zum Lachen und vor allem zum Kopfschütteln.
Silke tut mir ziemlich leid. Wegen ihrem bescheuerten Ehemann hatte sie eine Panikattacke und hat die Notbremse eines Zuges gezogen. Durch diesen Vorfall ist sie hoch verschuldet, muss Sozialstunden abarbeiten und hat viele Freunde verloren.
Auch Willy-Martin ist eine tragische Figur, der mir in erster Linie leid tut.

Was das Buch ausmacht, ist die Sprache von Frau Giulia Becker. Daraus resultiert die Echtheit der einzelnen Protagonisten. Man hat das Gefühl, Silke, Renate, Frau Goebel und Willy-Martin zu kennen. Aber auch die Randfiguren wirken mit ihren Eigenheiten einfach authentisch. Das macht die ganze Geschichte bodenständig und regt zum Nachdenken an. Übrig bleibt die Frage, was für Schicksalsschläge das Leben für den einzelnen bereit hält? Und warum es manche dermaßen hart trifft und andere nicht?

Geht's kurz und knapp: Giulia Beckers Debütroman ist jedenfalls sehr zu empfehlen. Ich persönlich würde nur das Komische der Geschichte nicht so sehr in den Vordergrund rücken.

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Tyrolia
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Rowohlt Verlag, 2019
ISBN: 978-3-498-00689-1 

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