Ein anderes Brooklyn

Woodson, Jacqueline


Roman
Verlag: PIPER, München 2018
ISBN: 978-3-492-05865-0



Darum geht's: August erzählt in diesem Roman von ihrer Kindheit, von ihrer Jugend und gibt auch noch einen kurzen Einblick in ihr Leben als Erwachsene. Vor allem geht es aber um das Erwachsenwerden, darum, sich selbst kennen zu lernen und darum, seinen Platz zu finden. August, Sylvia, Gigi und Angela werden unzertrennliche Freundinnen, nachdem August von Tennessee mit ihrem Vater und Bruder nach Brooklyn gezogen ist.
"Sylvia, Angela, Gigi, August. Wir waren vier Mädchen, unglaublich schön und schrecklich allein." (S 22.)
Erst beobachtet August diese 3 Mädchen und wünscht sich, Teil dieser Verbindung zu sein. Bald schon können sich die anderen nicht mehr vorstellen, ohne August zu sein. Zu viert fühlen sie sich stark und sicher in den zunehmend unruhiger und bedrohlicher werdenden Straßen von Brooklyn.

August und ihr Bruder, die stundenlangen Beobachter sämtlicher Geschehnisse vor ihrem Fenster, werden Zeugen von Entwicklungen, die sie nicht verstehen können. Sie sehen, dass weiße den Stadtteil verlassen. Sehen zunehmend Umzugswägen durch die Straßen fahren. Sehen diese samt Hab und Gut und Familien verschwinden. Sie sehen verwundete Kriegsveteranen und Drogendealer. Sie werden viel zu früh und viel zu oft mit dem Tod konfrontiert. Auch schon vor ihrer Zeit in Brooklyn. Als sie es noch weniger verstehen konnten.

Vor ihren Augen spielt sich ein Umbruch ab, der sich im Brooklyn der 1970er Jahre zugetragen hat. Doch vor allem spürt August einen Umbruch, den sie selbst durchlebt. Ihr Körper verändert sich, plötzlich interessieren sich Jungs für sie. Körperliche Zärtlichkeiten fühlen sich anders und aufregend an. Ihre Gedanken verändern sich. Langsam verschwindet ein kindlicher Glaube und fängt an, sich der Realität zu stellen.

"Wenn du fünfzehn bist, überwiegt der Schmerz den Verstand und trifft mitten ins Mark." (S.136)

So geht's mir dabei: Meine Güte war das schwierig, zu diesem Buch eine "Inhaltsangabe" zu verfassen. So richtig schwer fällt mir das nur bei unglaublich guten Büchern. Bei solchen, die mich treffen, die etwas im Innersten berühren, die mir Menschen so nahe bringen, dass ich sie nur schwer los lassen kann. Ich war noch nie in Brooklyn, noch nie in New York. Aber ich hatte das Gefühl, dort zu sein. Mir kommt vor, ich weiß wie sich Brooklyn dazumal angefühlt hat. Ich spüre den Verlust, die Verbindung, die Aufregung der vier Mädchen. Ich bin so traurig über das Geschehene. Und so stolz auf August und ihren Lebensweg.

Die Autorin schreibt auf eine mir völlig unbekannte Art und Weise. Lässt vieles Offen, deutet nur an. Einiges macht erst Sinn, wenn man das Buch beendet hat und wieder von Neuem beginnt. Erst dann merkt man, dass man Passagen überlesen hat, weil man sie noch nicht verstehen konnte zu diesem Zeitpunkt. Noch treffender kann man das Gefühl von August und ihrem Umfeld nicht in Sprache fassen. Diese einfühlsame und berührende Erzählweise versetzt mich ins Staunen und zeigt, wozu Sprache fähig ist.

Geht's kurz und knapp:  Eigentlich nicht. Aber weil's sein muss: Definitiv eines meiner Alltime-Lese-Highlights.

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Tyrolia
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