Samuel Beckett im besetzten Frankreich


Baker, Jo. Ein Ire in Paris



Darum geht's: Samuel Beckett ist der Protagonist des Romans. Er verbringt die Jahre des zweiten Weltkriegs in Frankreich. Obwohl er bei Ausbruch des Krieges in Irland, seiner Heimat, ist, kehrt er nach Paris zurück zu seinen Freunden (darunter James Joyce) und zu seiner Freundin (und späteren Ehefrau) Suzanne. Sie fliehen schnell aus dem besetzten Paris, um bei Freunden unterzukommen. Kehren dann aber doch wieder nach Paris zurück. Dort wird Beckett Teil der Résistance. Als diese Widerstandsbewegung auffliegt, müssen er und Suzanne erneut fliehen. Diesmal unter wesentlich härteren Bedingungen. Ihnen gelingt die Flucht in die unbesetzte Südzone Frankreichs. Auch hier engagiert sich Beckett wieder gegen die Deutschen. Auch wenn ihm diese Aktionen den Unmut seiner Freundin einbringen, macht ihm das Gefühl, in Frankreich unnütz zu sein, noch mehr zu schaffen. Er durchlebt eine künstlerische Schaffenskrise und muss sich wenigstens auf andere Art und Weise nützlich machen. Das Gefühl, dass es Suzanne ohne ihn besser hätte in dieser schwierigen Zeit, die Unfähigkeit zu schreiben, der Verlust seiner Freunde und natürlich die harten Entbehrungen wegen dem Krieg, machen ihm zunehmend zu schaffen. Nach der Befreiung Frankreichs ist Beckett wieder in Irland bei seiner Mutter. Nach Paris kann er vorerst nicht, aber nach Saint-Lô, um dort bei der Errichtung eines Krankenhauses zu helfen.

"'Der beste und älteste Grund zu schreiben existiert ja wohl noch.Sogar im Krieg - den gibt es immer, in jeder Lebenssituation.'
'Und der wäre?'
'Trotz', sagt sie.
Er lacht auf.
'Nein, das meine ich ernst', beharrt sie, nicht gerade ernst. 'Man braucht immer ein bisschen Trotz, ein bisschen Rachsucht, um weiterzumachen. Besonders am Anfang, wenn sich kein Mensch für das interessiert, was man macht.'
'Kann schon sein.'
'Und außerdem kann man doch gar nicht darauf verzichten.'
'Verzichten?'
'Wenn man nicht schreibt, ist man doch gar nicht man selbst, finden Sie nicht?'"
(Baker, Ein Ire in Paris. S. 215)

So geht's mir dabei: Baker gelingt es in ihrer fiktiven Schriftstellerbiographie, die Selbstzweifel und die Schreibunfähigkeit Becketts beiläufig darzustellen und dies trotzdem zum eigentlichen Thema des Romans zu machen. Die langen Phasen des Wartens, die die beiden Protagonisten durchleben müssen, werden beim Leser physisch spürbar, der ständig darauf wartet, dass Beckett zu Stift und Papier greift. Bakers klare Sprache und ihr eingänglicher Schreibstil nehmen den Leser mit auf die Reise durch eine dunkle Zeit, aus der man von Beckett selbst erst seit kurzem durch veröffentlichte Briefe einige Details weiß. Nach diesem Roman verändert sich auch das Verständnis für Becketts Theaterstück "Warten auf Godot". 

Geht’s kurz und knapp? Unbedingt LESEN!

Verlag: Albrecht Knaus, München
1. Auflage, 2018



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